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Faszination Amateurtheater

Drei junge Erwachsene berichten.


Von Sabine Zink. Ein Bericht in "Freilichtbühne aktuell".

 

Vom Kindertheater zur Freilichtbühne, von der Freilichtbühne zum Studium „International Cultural and Business Studies“.

 

Wenn der 23 Jahre alte Christian Faul, die 20-jährige Claudia Radmiller und die 21 Jahre alte Maria Zinsmeister aus Donauwörth auf der Bühne stehen, legen die Drei ihr wahres Ich für eine Weile ab. Dann betreten alle drei in historischen Gewändern oder fantasievollen Kostümen und mit präzise einstudiertem Text und Gesten die Bühne. Die jungen Schauspieler sind seit vielen Jahren Mitglieder beim „Theater Donauwörth e.V.“ mit seinen vielfältigen Spielgruppen vom Kindertheater bis zur Freilichtbühne, und seit sie auf der Bühne fremde Identitäten angenommen haben, mit Feuereifer dabei.

 

Der 23 Jahre alte Christian Faul spielt seine Rollen nicht, er lebt sie vielmehr. Und das seit fast fünf Jahren. Bei seinen Auftritten auf der „Bauernbühne Auchsesheim“, einer Spielgruppe des „Theater Donauwörth e.V.“, gibt er Volkstheater zum Besten. „Und das ist mindestens genauso lustig und toll wie die Darstellungen auf der Freilichtbühne, weil der Kontakt zum Zuschauer in einem Theatersaal viel unmittelbarer ist, als auf einer großräumigen Freilichtbühne“, freut sich Christian. Besonders viel Spaß machte es dem 23-Jährigen, auf der „Freilichtbühne am Mangoldfelsen“ in ernsten Stücken wie beispielsweise als Adson von Melk in „Der Name der Rose“ mitzuwirken. Die Augen des jungen Schauspielers funkeln immer wieder, wenn er über seine Leidenschaft spricht: „Die Tätigkeit beim Theater ist das schönste Hobby der Welt. Die Vielfältigkeit dabei bekommt man erst richtig mit, wenn man sieht, dass die Aufgaben im Verein nicht nur Fantasie, sondern auch handwerkliches Geschick erfordern“, schwärmt er und meint damit Dinge wie Bühnenbau, Bühnenmalerei oder Requisitenbau. Und da sein gesamtes Herzblut in sein Engagement fließt, wurde er im vergangenen Januar erneut zum Jugendleiter gewählt, wobei er sich um die Teilnahme der immerhin 70-köpfigen Jugendgruppe an Veranstaltungen wie dem „Schwäbischwerder Kindertag“, am Ferienprogramm oder an diversen Workshops kümmert. Hinzu kommen noch Pressearbeit, Vorbereitungen auf der Freilichtbühne und der Saisonabschluss. Aufgrund großer Nachfrage plant das Theater Donauwörth, noch mehr Aufführungen für Schulen auf der Freilichtbühne auf die Beine zu stellen. Zusätzlich soll im September nächsten Jahres das dreitägige Jugendbildungs-Camp des „Verbandes Deutscher Freilichtbühnen“ in Donauwörth stattfinden. „Rund hundert Jugendliche vieler verschiedener Freilichtbühnen aus dem ganzen Land erhalten dann die Möglichkeit, in Donauwörth verschiedene Workshops zu besuchen, vom Bühnenbau über Improvisation bis hin zu Sprechtechnik auf Freilichtbühnen“, erzählt Christian dazu voller Vorfreude, auch wenn das Großereignis eine gewaltige Herausforderung in Bezug auf Schlafmöglichkeiten, Gemeinschaftsverpflegung und Betreuung bedeutet.

 

Die gleiche Faszination wie Christian für das Theater versprüht auch die 20 Jahre alte Claudia Radmiller. Schließlich wurde dem engagierten Mädchen die Liebe für das Bühnenspiel bereits in die Kinderschuhe gesteckt. Schon im Kindergarten saß sie als begeisterte Zuschauerin der Freilichtbühne sowie der Kindergruppe des Vereins, die „Bühnenstrolche“ im Publikum. Die grenzenlose Euphorie des kleinen Mädchens wurde damals überraschend belohnt. Im Alter von fünf Jahren betrat sie zum ersten Mal die Schauspielbühne und leckte sofort Blut. Vom Polizisten beim Stück „Pippi Langstrumpf“ bis hin zur bösen Stiefschwester bei „Die Schöne und das Biest“: Claudia liebt gerade die ungewöhnlichen Rollen in den Donauwörther Inszenierungen. Die Erfahrungen, die sie dabei sammelt, behält sie aber nicht für sich, sondern gibt sie da weiter, wo sie selbst mal begonnen hat. Inzwischen leitet sie nämlich selbst die Bühnenstrolche und blüht bei ihren vielfältigen Tätigkeiten sichtlich auf. Das verantwortungsvolle Mädchen wählt die neuen Stücke aus und probt sie mit den Kleinsten des Theatervereins. Sie hat alle Hände voll zu tun mit Bühnenbild, Maske und der Organisation wöchentlicher Gruppenstunden - parallel zu ihrer eigenen Tätigkeit als Schauspielerin. Doch die Mühe lohnt sich. Stolz strahlend erinnert sie sich an die Erfolge ihrer kleinen Schützlinge: „Schon in einigen Jugendstücken auf der Freilichtbühne durften die Jüngsten in unserem Verein Rollen besetzen. Das war zwar eine große Herausforderung für uns alle, aber hat uns vor allem mit Ehre erfüllt. Meine liebste Rolle auf der Freilichtbühne war die des Igels Socrates in „Die drei Rätsel des Feuerfalken“.

 

Die Bühnenstrolche waren es auch, die die Neugier der 21-jährigen Maria Zinsmeister vor zwölf Jahren am Theater weckten. Mittlerweile blickt sie auf viele herausragende Momente ihrer Laufbahn zurück und gerät ins Schwärmen. Während sie in ihrem ersten Stück zur Weihnachtszeit spielte, schlüpfte sie später im Jugendtheater in anspruchsvollere Rollen und interpretierte so zum Beispiel die gute Fee Elenna in „Die drei Rätsel des Feuerfalken“. Eine Figur, die die Studentin als ganz besonders empfand, weil sie dazu auch noch sang und dazu in Gesangsproben ihre Stimmbänder so lang trainierte, bis sie die Songs „bühnenreif“ in ihrem bunten, fantasievollen Kostüm dem Publikum präsentieren konnte. „Die Rolle war so wie das ganze Stück einfach märchenhaft!“, ergänzt sie und auch ihren Part im großen Abendstück der Erwachsenen als Titelrolle in Piroschka mit deren Launenhaftigkeit zählt sie zu ihren persönlichen Höhepunkten. Ihre Begeisterung für die Gefühlsachterbahn, die sie damals hinlegte, kann sie kaum in Grenzen halten und so sprudelt sie nahezu hervor: „Auf der Bühne durfte ich Verstecken spielen, vor Wut schreien, mich mit „Wein“ – also eigentlich Traubensaftschorle - betrinken, melancholisch und romantisch sein, weinen, einen ungarischen Volkstanz tanzen, und viel lachen. Ich war sogar im Nachthemd auf der Bühne.“ Dann schweifen ihre Gedanken zu ihrer außergewöhnlichsten Rolle als Statistin, bei der sie in dem Stück „Dschungelbuch“ mit den anderen Kindern und Jugendlichen eine Affenhorde darstellte. „Auf der Bühne haben wir an echten Kokosnuss-Stücken geknabbert. Und ich weiß noch genau, dass wir fellige Ganzkörper-Kostüme trugen und von Weitem wirklich wie echte Affen aussahen“, lacht sie fröhlich bei dem Gedanken. Für Maria steht bei ihrem Engagement im Vordergrund, das kulturelle Leben Donauwörths zu gestalten und mit interessierten Zuschauern ins Gespräch zu kommen. Ihre zahlreichen Erfahrungen ebneten sogar ihren beruflichen Weg, denn nach ihrem Abitur absolvierte sie ein „Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur“ bei einer Kinder- und Jugendkunstschule und gelangte so zu ihrem Studienfach „International Cultural and Business Studies“ mit kulturellem Schwerpunkt.

 

Zwar bedauert sie es, dadurch nicht mehr so regelmäßig am Vereinsleben teilnehmen zu können, freut sich aber umso mehr, wenn sie dann doch zum Schauspielern kommt. In ihren letzten Semesterferien übte sie zusammen mit zwei weiteren Theatermitgliedern einen Sketch zum Thema Solidarität ein, den das Trio am 19. März in Donauwörth anlässlich des Aktionstages „Hand in Hand gegen Rassismus“ aufführte. Und auch anderen Interessenten rät sie, sich einfach zu trauen, an den Proben des Theatervereins teilzunehmen und sich auszuprobieren und fügt noch abschließend hinzu: „Man braucht keine Vorkenntnisse und es gibt keine Aufnahmeprüfung, man muss nur Lust haben auf Theater, mit allem drum und dran.“

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