Feuer und Wasser auf der Freilichtübhne
Die Premiere von „Der Name der Rose“ überzeugt mit starken schauspielerischen Leistungen. Applaus gab es aber auch für das Publikum. Ein Bericht der Augsburger Allgemeinen.
Von Claudia Hamburger
Am Ende spendeten sogar die Schauspieler dem Publikum Applaus. Weil dieses beinahe die gesamte zweite Hälfte des Stückes im Regen ausgehalten hatte. Unter Regencapes und Schirmen versteckt, die Beine durch Wolldecken geschützt, verharrten die knapp 450 Zuschauer trotz andauernden Niederschlags auf ihren Plätzen. Einige waren unter das schützende Vordach neben der Kasse geflüchtet. So wird die Premiere von „Der Name der Rose“ wohl nicht nur aufgrund der herausragenden Leistungen der Schauspieler, sondern auch wegen des nassen Erlebnisses in Erinnerung bleiben.
„Willkommen nach vielen warmen Tagen“, scherzte Vorsitzender Wolfgang Schiffelholz noch zur Begrüßung. Er hegte Bedenken, ob die Schauspieler aufgrund des Wetters das gesamte Stück durchspielen könnten. Aber sie konnten. Oder vielmehr: Sie taten es einfach. Niemand auf der Bühne ließ sich vom Regen verunsichern. Und immerhin: Der komplette erste Akt des Klassikers von Umberto Eco in einer Freilichtbühnenfassung von Claus J. Frankl konnte ohne einen einzigen Regentropfen aufgeführt werden.
Schauplatz des Stücks ist eine Benediktinerabtei im Jahr 1327. Franziskanerpater William von Baskerville (Jürgen Lechner) und sein Gehilfe Adson von Melk (Christian Faul) sollen in der Abtei in einer hochpolitischen Mission eine Konferenz vorbereiten. Doch ihnen kommt etwas dazwischen: In der Abtei geschehen mysteriöse Morde. Insgesamt fünf Mönche werden innerhalb kürzester Zeit getötet. Der Abt des Klosters beauftragt William von Baskerville mit der Aufklärung dieser. Auf der Suche nach dem Mörder dringt er immer tiefer ein in die dunklen Geheimnisse der Abtei, in eine Welt voller Glaubensfehden, verbotener Leidenschaften und krimineller Skrupellosigkeit.
Je dunkler es wurde, desto mystischer wirkte die Abtei
Passend zu dieser Handlung: Je dunkler es am Premierenabend wurde, desto mystischer wirkte auch die Abtei. Rötliches Licht und ein gelungenes Bühnenbild mit brennenden Fackeln an den Wänden unterstützten diesen Effekt – auch wenn Letztere während des Regens teilweise erloschen. Beinahe bedrohlich wirkte es, als knapp 30 Mönche in ihren schwarzen Gewändern, deren Kapuzen die Gesichter verdeckten, den Hang zur Bühne hinunterschritten. Passend dazu war auch die mit original mittelalterlichen Instrumenten eingespielte Musik gestaltet.
Aber auch die schauspielerischen Leistungen überzeugten: Allen voran gab Jürgen Lechner einen überzeugenden William von Baskerville. Die dialoglastigen Szenen hielt er durch eine gelungene Intonation und starke Mimik lebendig. Auch Christian Faul überzeugt als Novize Adson. Blieb er im ersten Akt noch recht unscheinbar aufgrund weniger Textzeilen, zeigte er im zweiten die Facetten seines emotionsgeladenen Spiels, als das Leben des Mädchens auf dem Spiel steht, in das sich Adson verguckt hat. Herausragend auch die Leistung von Florian Lang, der mit geduckter Haltung und einer befremdlichen Mimik überzeugend den verrückten Salvatore verkörpert. Und auch Jürgen Melan gibt einen starken Jorge von Burgos mit weißen Kontaktlinsen, einem schiefen Blick gen Himmel und bedrohlich wirkendem Sprechrhythmus.
Trotz Ernsthaftigkeit und Spannung des Stückes gaben die Textzeilen auch ab und zu Anlass zum Schmunzeln. Beispielsweise als William von Baskerville seine Sehhilfe (die übrigens von Optiker Jürgen Lechner selbst hergestellt worden war) abhanden kommt. Er bittet Adson, ihm etwas vorzulesen. „Das ist keine Schrift. Das sieht aus wie Würmer, Schlangen und Fliegendreck“, so Adson. William von Baskerville daraufhin: „Ach Adson, das ist Arabisch!“
Der Zuschauer war also gut unterhalten und fühlte sich mittendrin in den sozialen, politischen und religiösen Konflikten von „Der Name der Rose“. Zum Schluss, als einer der Mönche die Bibliothek in Flammen setzte, wurde auf der Bühne dank Pyrotechnik ein Feuer entfacht. Das hielt dem Regen stand. Genauso wie das Publikum.